Für jeden Geschmack etwas dabei: Tee gibt es in vielen verschiedenen Sorten (Foto: imago)

Die Geschichte des Tees

Im Gespräch mit Teeexperte Martin Krieger

18.12.2015

Tee gegen Silber - so wertvoll waren den Europäern die Blätter aus China einst. Doch das war einmal. Denn heute ist es nach Wasser das am meisten getrunkene und billigste Getränk. Wie es dazu kam, erklärt Martin Krieger, Geschichtsprofessor an der Uni Kiel.

Von Magdalena Fröhlich

Guten Morgen, Herr Krieger. Was steht bei Ihnen auf dem Schreibtisch - Tee oder Kaffee?
Krieger:
An der Uni läuft bei uns immer die Kaffeemaschine, zu Hause trinke ich meistens Tee. Das hat eher etwas Gemütliches, für den Tee nimmt man sich Zeit.

In den Ursprungsländern des Tees, in China und Japan, dauert so eine Tee-Zeremonie ja mitunter ein paar Stunden.
Krieger:
Ja, Tee hat etwas Spirituelles, Kontemplatives. Der Teekonsum hat sich gemeinsam mit Buddhismus und Konfuzianismus verbreitet. Für Buddhisten spiegelt sich ja die gesamte Weltordnung im Alltäglichen wider; man muss auf die kleinen Dinge achten. Schauen Sie sich zum Beispiel die klassische japanische Teezeremonie an. Um zum Teepavillon zu gelangen, müssen Sie erst durch einen kleinen Garten gehen. Der Pavillon selbst ist spärlich eingerichtet. Neben einer Blume gibt es allenfalls eine Wanddekoration, und Sie sitzen auf Bodenmatten. Auch die Unterhaltung ist gedämpft. Man konzentriert sich allein auf den Tee.

Chinesische Tee-Zeromonie

Darf bei einer Tee-Zeremonie nicht fehlen: zwei Kannen und verschiedene Teeblätter (Foto: imago)

Einige chinesische Kaiser sollen sogar Traktate über das "richtige" Tee-Zeremoniell verfasst haben. Prinzipiell hat man zwei Kannen, die vorher mit heißem Wasser gereinigt werden. Die eine Kanne ist zum Aufgießen und Ziehen-Lassen des Tees, die andere zum Servieren. Zunächst werden die Teeblätter in die erste Kanne gegeben - man spricht vom "Aufguss des guten Geruchs". Dieser wird nicht getrunken, das Wasser gießt man sofort wieder ab. Es soll nur dazu dienen, die Blätter zu reinigen und etwas zu öffnen. Anschließend folgt der zweite Aufguss, der des "Guten Geschmacks". Dieser zieht rund 30 Sekunden. Man füllt dabei nicht eine Tasse nach der anderen, sondern geht schichtweise vor, dass man immer nur einen Schluck in jede Tasse füllt, bis alle Tassen voll sind. So erhält jede Tasse den gleichen Geschmack. Dann erfolgen weitere Aufgüsse, die der "langen Freundschaft". Der Tee zieht dabei jedes Mal etwas länger. So schmeckt jeder Aufguss anders.


Das klingt recht streng. In Europa ging es doch in den Tee-und Kaffeehäusern recht lustig zu.
Krieger: Die ersten Tee- und Kaffeehäuser entstanden im 17. Jahrhundert im Mittelmeerraum und in Westeuropa. Die waren eher wie Kneipen eingerichtet, mit Holztischen statt Plüsch und Sahnehäubchen. Sie stellten eine Art Kommunikationszentrum dar. In großen Behältnissen wurden der Kaffee oder Tee stundenlang warm gehalten - und das schmeckte nicht gerade gut. Und ganz wichtig: Dort lagen Zeitungen aus, die damals noch kaum jemand zu Hause hatte.

Wie ist der Tee überhaupt nach Europa gekommen?
Krieger: Tee wurde vor vielleicht zwei Jahrtausenden in China entdeckt. Durch ihren Handel mit China entdeckten auch die Briten, Niederländer, Franzosen, Dänen und Schweden den Tee und importierten ihn nach Europa. Das kam sie aber teuer zu stehen, denn die Chinesen konnten sich mit allem selbst versorgen. Nur Silber war im Reich der Mitte als Tauschobjekt gefragt. Dieses musste von den meisten europäischen Staaten durch Handel aber erst erworben werden. Die massenhafte und für die Wirtschaft schädliche Silberausfuhr führte sogar so weit, dass es in einigen Ländern, wie etwa Preußen, zeitweise zu einem Importverbot kam und man stattdessen Kräutertee propagierte. Genutzt hat das natürlich nichts. Der Tee wurde geschmuggelt.

Ganz schön aufwändig.
Krieger: Die Europäer wurden regelrecht süchtig nach Tee. Zuvor trank man morgens vielleicht eher Wasser oder Bier. Aber wer will schon dauernd Biersuppe, wenn es Tee gibt?  Den Engländern und Niederländern wurden die Tee-Importe bald zu teuer. Also dachten sie: Dann bauen wir eben in unseren eigenen tropischen Kolonien Tee an. Es wurde ein enormer Aufwand betrieben, um Tee-Pflanzen aus der Sicht der Chinesen illegal aus China nach Indien und Indonesien zu bringen.

Zur Person

Für Martin Krieger hat Tee trinken auch immer etwas mit Gemütlichkeit zu tun (Foto: Universität Kiel)










Martin Krieger (geboren 1967 in Hamburg) ist seit 2009 Professor für die Geschichte Nordeuropas an der Universität Kiel.
Die Jahre 2006 und 2007 verbrachte er in Indien, wo er mit seiner Familie in einem Haus mit einem Teegarten lebte. Er begann die Pflanze und ihre Geschichte näher zu untersuchen. 2009 veröffentlichte er die "Kulturgeschichte des Tees".


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