In der Nische erfolgreich: Linda Kelly setzt auf Lupinen (Fotos: Timo Jaworr für agrarheute)

Die Königin der Lupinen

Linda Kelly wird Landwirtin des Jahres

22.11.2019

Manchmal ist es der Zufall, der zum Erfolg führt. Als "Blumen zum Selbstpflücken" pflanzte Linda Kelly Lupinen anfangs an, doch keiner wollte die Blumen haben. Schließlich waren es die Samen der Lupine, die Kelly den bedeutendsten Preis der deutschen Landwirtschaft einbringen.

Von Désirée Thorn

"Es ist die Oscar-Verleihung für die Bauern", sagt Linda Kelly selbst über die "Nacht der Landwirtschaft". Und sie ist der Shootingstar: die Landwirtin des Jahres 2019. Ihre Augen funkeln wie ihr Abendkleid, als sie den gläsernen Ceres Award in den Händen hält. In ihrem Blick: Fassungslosigkeit.
"Das hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm", sagt sie später. Kurz zuvor war sie vom Deutschen Landwirtschaftverlag schon zur "Unternehmerin des Jahres" gekürt worden. Dass sie sich damit auch für den Hauptpreis qualifiziert, ist ihr bis zum Schluss nicht so wirklich bewusst. Umso größer ist die Überraschung, als gegen Mitternacht erneut ihr Name fällt. "Da weißt du, dass du das Richtige machst."

Der Ceres Award

Als erste Frau hat Linda Kelly den höchsten Preis der deutschen Landwirtschaft gewonnen







Seit sechs Jahren würdigt der Landwirtschaftsverlag mit dem Ceres Award Landwirte, die Außergewöhnliches leisten und täglich nachhaltig für Mensch, Tier und Umwelt wirtschaften. Der Preis wird in elf Kategorien verliehen; bisher war unter den Preisträgern in jedem Jahr auch ein Bioland-Bauer oder eine Bioland-Bäuerin. Die jeweiligen Sieger gewinnen unter anderem ein Preisgeld von 1000 Euro und qualifizieren sich für die Auszeichnung zum "Landwirt des Jahres", die mit 10.000 Euro dotiert ist - dieses Jahr gewann Linda Kelly den Hauptpreis.

Der Name des Preises leitet sich von Ceres, der römischen Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit, der Schöpfungsgöttin von allem Leben auf der Erde ab. Ihre ursprüngliche Bedeutung erschließt sich aus ihrem Namen, der in lateinischen Wörtern wie crescere – wachsen, creare – erschaffen, hervorbringen oder enthalten ist. Die Göttin Ceres, die für gutes Wachstum und ertragreiche Ernten verehrt wurde, sei laut den Organisatoren ein ideales Symbol für die herausragenden Leistungen und den großen Beitrag, welchen die Landwirtschaft für die Gesellschaft leistet.


"Das Richtige" ist im Fall von Linda Kelly die Lupine. Aus der eher unbekannten Pflanze hat die 36-Jährige, die gemeinsam mit ihrem Vater und ihrem Mann den Biolandhof Kelly/Warnke in Oberndorf nahe dem Bodensee führt, eine erfolgreiche Marke gemacht: "Lupinello". Und die Erfolgsgeschichte beginnt ziemlich unerwartet: Im Bioland-Magazin liest Kelly von der Süßlupine, einer Hülsenfrucht, die bisher eher als Dünger verwendet wird. Probeweise pflanzt sie sie neben ein Feld mit Blumen zum Selbstpflücken. "Ich dachte mir: Dann können die Leute sie mit in den Blumenstrauß binden." Doch niemand pflückt die eher unscheinbaren Pflanzen. Stattdessen tragen sie Früchte, und Kelly erntet die Lupinensamen.

Lupinenkaffee als Geschäftsmodell

Doch was tun mit den unbekannten Samen? Das Internet liefert die Antwort: Rösten und zu Kaffeepulver mahlen. Schon die erste Tasse Lupinenkaffee begeistert Kelly. Sie beginnt zu tüfteln, bringt die ersten Produkte an den Mann. "Nach einem Jahr war klar: Wir müssen die Lupine in die Küche bringen." Die gelernte Industriekauffrau, die inzwischen auch angehende Landwirtin ist, fuchst sich in sämtliche Aufgaben rund um Anbau, Verarbeitung und Vermarktung, kümmert sich eigenständig um Marketing, Pressearbeit, Social Media, Hofführungen und Rezeptentwicklung. Immer mehr Produkte erweitern ihren Onlineshop: von Lupinenflocken und -mehl über gekochte Kerne und Sirup bis hin zu Kosmetikprodukten. Innerhalb von fünf Jahren entwickelt sich Linda Kelly zur "Lupinen-Königin", wie sie der Landwirtschaftsverlag nennt.

Doch hinter dem glamourösen Titel steckt eine Anpackerin in Gummistiefeln: 180 Hektar Ackerfläche, 120 Hektar Grünland und zwei Hektar Wald bewirtschaftet der Familienbetrieb. Das erfordert nicht nur viel Energie, sondern auch Feingefühl, um die verschiedenen Generationen auf einen Nenner zu bringen. "Man muss kompromissbereit sein und, so gut es geht, klare Linien ziehen", sagt die zweifache Mutter. Und sie kann auf die Unterstützung ihrer Familie setzen.

 

Vom Anbau über die Verarbeitung bis zur Vermarktung: Linda Kelly übernimmt alle Aufgaben selbst

 

Dennoch: Es ist die junge Frau selbst, die als treibende Kraft hinter der Marke "Lupinello" steht. So ist sie auch zum Vorbild für viele Frauen geworden. In der sechsjährigen Geschichte des Ceres Awards hat Linda Kelly als erste Frau die höchste Auszeichnung der deutschen Landwirtschaft gewonnen. Diese Vorreiterrolle einzunehmen ist für sie eine große Ehre: "Ich will Frauen stärken, ihnen Mut machen. Es gibt schließlich immer noch Betriebe, in denen Frauen deutlich zu spüren bekommen, dass sie nichts zu sagen haben."
Das ist auf dem Biolandhof Kelly/Warnke ganz anders. Kelly gehört nicht nur die Firma, sie ist auch der kreative Kopf. So hat sie schon die nächste Idee, mit der sie ihr Sortiment erweitern will: Lupinennudeln. In die dazu anstehenden Investitionen will Kelly auch einen Teil ihres Preisgelds stecken. Aber eine kleine Belohnung muss auch sein: "Ein bisschen was fließt in einen Urlaub. Das haben sich meine Jungs gewünscht."

Mehr Infos zu Lupinen

Lupinen: Heimisches Superfood

Hülsenfrüchte erleben in Deutschland ein Revival - als wertvolle Eiweißlieferanten. Während die Sojabohne schon in zahlreichen Produkten zu finden ist, ist ihre

Weiterlesen
Lupinen-Porridge mit Apfelmus oder eingelegten Pflaumen

Volle Eiweißpower zum Frühstück oder als Dessert: Wie man aus Lupinen einen leckeren Porridge herstellt, hat uns Linda Kelly vom Biolandhof Kelly/Warnke gezeigt.

Weiterlesen
Lupinen

Die Samen sind die wahre Superkraft der Lupinen, denn diese enthalten mit bis zu 40 Prozent genauso viel Protein wie Sojabohnen sowie essenzielle Aminosäuren,

Weiterlesen