Schnell, einfach, lecker: Wiener Würstchen haben über die Weihnachtszeit Hochsaison (Fotos: Fleischerei Höpermann)

Leckere Handwerkskunst

Wiener Würstchen: Wie der Klassiker unter den Weihnachtsgerichten entsteht

21.12.2020

In der Vorweihnachtszeit geht es rund in der Fleischerei Höpermann in Wedel. Denn die knapp 35.000 Einwohner*innen der kleinen Stadt in Schleswig-Holstein liegen mit ihrem liebsten Festessen voll im Trend: Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat. Wie das in Bioland-Qualität entsteht, erklärt Metzgermeister Daniel Wichern.
 

Von Bioland
Ob die Menschen aus Wedel auch die Ergebnisse der zweiten Befragung bestätigen, müssen wir wohl eine Bäckerei fragen (Quelle: Statista)

 

Laut einer Umfrage von Statista führt der schnelle Weihnachtsklassiker – die Wiener Würstchen - mit 33 Prozent noch vor Ente und Gans die Beliebtheitsskala der Deutschen an. Daniel Wichern, einer der beiden Inhaber der Fleischerei Höpermann, kann das nur bestätigen: „Wir merken das erhöhte Interesse deutlich. Bereits in den Wochen vor Weihnachten steigt der Absatz. Vielleicht kosten die Leute schon mal vor, um auf Nummer sicher zu gehen.“

Während die Bioland-Metzgerei normalerweise ein Mal pro Woche 40 bis 80 Kilogramm Wiener Würstchen herstellt, ist diese Menge in der Woche vor Weihnachten täglich gefragt. Da die Würste von Hand abgedreht werden, schwankt ihr Gewicht zwischen 80 und 120 Gramm. Zudem verwenden Daniel und sein Team nur Naturdärme, sodass auch hier Individualität angesagt ist. Rechnet man mit 100 Gramm pro Wurst, gehen in der Vorweihnachtszeit also 400 bis 800 Würstchen über die Theke – und zwar jeden Tag. Außerdem beliebt seien hochwertige Produkte wie Rinderfilet, Gans und Ente. „Bei uns selbst gibt es übrigens schon seit Jahren Raclette mit Rind, Schwein und Pute an Heiligabend“, erzählt Daniel.

 

Das Fleisch

Aber wie entsteht eigentlich so ein Wiener Würstchen? Los geht es natürlich mit dem Fleisch. Die Fleischerei Höpermann bezieht es von der Vermarktungsgesellschaft Bioland Schleswig-Holstein, in der ein kleiner Pool von Bioland-Höfen aus der Umgebung organisiert ist. „Wir arbeiten zum Beispiel häufig mit Peter Stegert aus Moorrege zusammen. Das liegt nur gut zehn Kilometer entfernt. Der Schlachtbetrieb ist nur 20 Minuten von uns um die Ecke“, erzählt Daniel von den regionalen Lieferketten und kurzen Transportwegen. „Uns ist es wichtig zu wissen, woher die Schweine kommen. Das ist ein schönes Gefühl.“ Daher sind Daniel sowie sein Geschäftspartner und Lehrmeister Bernd Höpermann auch gerne vor Ort auf den Höfen – manchmal auch gemeinsam mit den Kund*innen.

Vom Kunden über Lehrling und Meister zum Geschäftsführer: Daniel arbeitet schon immer bei der und für die Fleischerei Höpermann

 

Die kurzen Transportwege haben übrigens auch Einfluss auf die Qualität des Endprodukts. Denn: Die geschlachteten Tiere kommen noch warm an und werden direkt verarbeitet. Das sogenannte Warmfleisch enthält natürliches Phosphat in den Muskeln, sodass kein künstliches Phosphat hinzugegeben werden muss. Phosphat sorgt dafür, dass das Fleisch Wasser und Fett besser binden kann. „Dadurch können wir es besser verarbeiten und müssen nicht mal Zusatzstoffe verwenden. Das ist schon großartig! Viele Kollegen haben diese Möglichkeit nicht, außer man schlachtet selbst“, sagt der Metzgermeister.

Für die Wiener Würstchen verwendet er Schweinefett und -fleisch, das zum Beispiel aus der Schulter oder den Resten vom Zerlegen stammt. Die edelsten Teile, wie Schinken, Rückensteak und Filet, kommen in die Theke. Sie wären zu schade für Wurst. Zusätzlich nimmt Daniel für eine schönere Farbe noch einen kleinen Anteil Rindfleisch - circa zehn Prozent. Um eine Größenordnung zu haben: Das verwendete Fleisch von einem Schwein wiegt circa sieben bis acht Kilogramm. Daraus entstehen dann 20 bis 25 Kilo Wiener Würstchen.

 

Die Verarbeitung

Der erste Schritt ist der berühmte Fleischwolf. „Er dient als eine Art Vorzerkleinerer und bringt eine Hackfleisch-ähnliche Masse hervor. Sie kommt in den sogenannten Kutter. Das ist eine Schneid- und Misch-Maschine, die das Fleisch und Fett ganz klein schneidet“, erklärt Daniel. Nun kommt eine weitere, etwas überraschende Zutat hinzu: Eis. Durch das Eis wird das Fleisch erst richtig fein, saftig, und die Wurst wird knackig. Dafür muss die Temperatur während der Verarbeitung unter zwölf Grad liegen. Ist die Temperatur höher, entsteht eine viel weichere, schmierbare Konsistenz, wie zum Beispiel bei Leberwurst.

Wichtig sind natürlich auch die Gewürze. Wie alle Bioland-Metzger*innen verwendet auch die Fleischerei Höpermann keine Geschmacksverstärker, Emulgatoren und Co. „Wir nehmen keine Fertigmischungen, sondern wiegen unsere Naturgewürze selbst ab. Generell übernehmen wir alle Schritte selbst. Das ist viel Arbeit, aber es lohnt sich“, findet Daniel. „Bei uns handelt es sich wirklich um eine Handwerkskunst, die man schmeckt.“ Zum Glück gibt es da noch die Lehrlinge, die bei den vielen Arbeitsschritten unterstützen. Sie mischen unter anderem auch die Gewürze. Ähnlich wie das Eis sorgen auch hier einige Zutaten für Verwunderung: Ingwer, Koriander, Kardamom, Senfmehl, Muskatblüte, natürlich auch Salz und Pfeffer.

Safety first: Bei Bioland geht die Gesundheit über alles. Daher ist die Verwendung von Nitritpökelsalz nicht erlaubt. (Foto: imago)

Nitritpökelsalz

… ist bei Bioland verboten. Denn: Rest-Nitrit-Gehalte können in der Wurst durch Erhitzen krebserregende Nitrosamine bilden. Hier lässt Bioland also lieber Vorsicht als Nachsicht walten. Nitritpökelsalz wird verwendet, weil es die Wurst röter aussehen lässt und länger haltbar macht. Deshalb sieht Bioland-Wurst „blasser“ aus als andere.

„Die Kundschaft will in der Regel keinen gräulichen Schinken. Daher haben wir uns entschieden, für manche Produkte Nitritpökelsalz zu verwenden und nur als bio statt in Bioland-Qualität zu verkaufen“, ergänzt Daniel.


Ist das sogenannt Wurstbrät dann fertig, wird es in einen Schafsdarm gefüllt. Für die Wursthülle nimmt die Fleischerei nur Naturdärme. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es ist eine natürliche Ressource, die bei der Schlachtung sowieso anfällt und nachhaltig ist. Zudem sorgen Naturdärme auch dafür, dass die Wurst beim Hineinbeißen schön knackt.

Anschließend werden die Würstchen in hängendem Zustand bei circa 60 Grad für 10 bis 15 Minuten getrocknet, damit der Rauch im nächsten Schritt nicht am Darm haften bleibt. Geräuchert werden die Würste bei 78 bis 80 Grad, bis die gewünschten Farbe nach 30 bis 40 Minuten erreicht ist. Danach kommen sie für circa eine halbe Stunde in einen Kessel mit heißem Wasser und werden bei 78 Grad gebrüht. „Wenn man schnell ist, kann man Wiener Würstchen also in zwei bis drei Stunden fertig haben. Wichtig ist noch, sie nach dem Brühen direkt in kaltem Wasser runterzukühlen, damit der Darm nicht schrumpelig wird“, erklärt Daniel. „Tja, und dann sind sie auch schon essfertig - eigentlich ganz einfach.“

 

Die grobe Übersicht gibt einen ersten Eindruck über die verschiedenen Kategorien

 

 

Daniel und Bernd Höpermann hatten schon immer ein „kumpelmäßiges Vater-Sohn-Verhältnis“. Nun genießen sie als Doppelspitze die Vorteile der Kombination aus altem Hasen und jungem, motovierten Hüpfer

 

 

Die hängenden Würste werden bei 78 bis 80 Grad geräuchert

 

 

Anschließend werden sie noch gebrüht und sind dann auch schon fertig

 

Für alle Fans der Wiener Würstchen, die das Problem des Aufplatzens kennen, hat Daniel noch einen Tipp: „Legt die guten Teile nie in kochendes Wasser. Lasst das Wasser vielmehr einmal aufkochen, nehmt den Topf vom Herd und legt die Würstchen hinein, wenn das Wasser nicht mehr kocht. Dann einfach 10 Minuten ziehen lassen und gut ist.“ Kalt schmecken sie natürlich auch gut, vor allem mit Senf. Doch nicht nur der Geschmack überzeugt den Metzgermeister: „Das schönste an meinem Beruf und an Bioland-Prinzipien ist, dass man jeden Schritt selbst in der Hand hat. Man weiß genau, was Sache ist und kann den Kunden von Anfang bis Ende mit gutem Gewissen alles über das Produkt erzählen.“

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