Ökolandbau braucht die Forschung, um sich weiterzuentwickeln und gesellschaftliche Fragen zu beantworten (Foto: Herpich/Bioland)

Mehr Ökofläche - mehr Ökoforschung

Nur wer fragt, kann sich entwickeln

30.08.2021

Klimawandel, Biodiversität, Nährstoffkreisläufe: Ökolandbau hat die Antworten auf viele gesellschaftliche Herausforderungen. Aber auch noch viele Fragen. Wenn Öko wachsen soll, muss die Forschung mitgehen. Dafür braucht es ein klares Bekenntnis zum Ökolandbau. Und mehr Geld.

Von Bioland

Die Marke ist gesetzt: Bis 2030 sollen 20 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland ökologisch bewirtschaftet werden. Derzeit sind es 10 Prozent. Das Anbausystem Ökolandbau ist aber kein statischer Zustand. Er ist ein Weg, der aufzeigt, wie Lebensmittel umwelt-, klima- und tierfreundlich produziert werden können. Dabei stellen sich immer wieder neue Fragen. Klimawandel, höherer Anspruch ans Tierwohl, sinnvolle Nährstoffkreisläufe - viele dieser Fragen sind bereits Gegenstand der Forschung. Dabei unterscheidet sich die Forschung zum Ökolandbau grundlegend von der konventionellen Landwirtschaft. Dort stehen Symptome und Einzelmaßnahmen im Mittelpunkt der Weiterentwicklung. Zum Beispiel taucht ein neuer Pilz im Getreide auf, gemeinsam mit der Industrie muss nach einem passenden Fungizid gesucht werden, das den Pilz bekämpft.

Ökolandbau funktioniert nur als nachhaltiges Gesamtsystem

Der Ökolandbau als eigenständiges, nachhaltiges Anbausystem geht einen entscheidenden Schritt weiter und betrachtet das Gesamtsystem. Er fragt: Woher kommt der Pilz? Wie stärken wir den Boden und die Pflanze? Wie können wir die Bearbeitung von Boden und die Fruchtfolge anpassen? Auch bindet der Ökolandbau die Bäuerinnen und Bauern im Rahmen der Praxisforschung ein. Denn nur in der Praxis zeigt sich, wie individuell die Fragestellungen und Lösungswege sind. Was bei dem einem Betrieb gut funktioniert, muss bei dem anderen nicht klappen, weil viele Faktoren im System zusammenspielen. So müssen einzelne Erfahrungen zusammengeführt und wissenschaftlich fundiert aufgearbeitet werden.       
Weil die Denke zwischen Ökolandbau und konventioneller Landwirtschaft vom Ansatz her so unterschiedlich ist, hat der Bund 2001 das Bundesprogramm ökologischer Landbau (BÖL) aufgesetzt, einen Fördertopf, dessen Mittel vor allem in die Beforschung des Ökolandbaus fließen. Dieser Topf schrumpfte jedoch über die Jahre kontinuierlich. Hinzu kam, dass der Topf sich auch für konventionelle Betriebe, die nachhaltig arbeiten, öffnete, obwohl es genügend weitere Förderprogramme für konventionell arbeitende Betriebe auf dem Markt gab. Das Programm hieß nun Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN).

Ökos teilen sich Fördertopf mit konventionellen Kolleg*innen

Das Problem: Das BÖLN ist völlig überlastet und mit 30 Millionen Euro in der aktuellen Laufzeit stark unterfinanziert. Nicht einmal 2 Prozent der Agrarfördermittel des Bundes gehen an den Ökolandbau. Und diese müssen mit den konventionellen Kolleg*innen geteilt werden. So verstärkt sich nochmal das Missverhältnis zwischen dem nationalen Ziel von 20 Prozent Ökofläche in 2030 und einem viel zu kleinen Forschungsstrang, der die Umsetzung dieses Zieles in den Blick nehmen soll. Unsere Gesellschaft steht angesichts der Klimakrise vor großen Herausforderungen, der Ökolandbau hat dafür die Lösungen, die Bürger*innen und die Politik haben eine klare Erwartungshaltung an den Ökolandbau als Anbausystem der Zukunft. Doch es braucht weitere Forschung, um die vielen offenen Fragen zu beantworten, und zwar bevor die Ökofläche 2030 auf ein Fünftel der Gesamtfläche anwächst. Der Anteil der Ökoforschung muss bereits 2025 ein Fünftel der gesamten Fördermittel in der Agrarforschung betragen, um mit dem Ausbau der Ökofläche mitzugehen. Dafür braucht es auch eine Öffnung der allgemeinen Fördertöpfe für Ökobetriebe.
Die Bevölkerung und die Politik sehen die Ideen und Notwendigkeit des Ökolandbaus, gleichwohl reichen die durch den Bund eingeräumten finanziellen Forschungsmittel aktuell bei Weitem nicht aus. Deshalb muss die neue Bundesregierung diese gesellschaftlichen Herausforderungen ernst nehmen und sich klar zum Ökolandbau und den gesetzten Zielen bekennen.

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